Umfrage zur Situation der Lehrkräfte während der Covid-19-Pandemie
Projektbeteiligte
Prof. Dr. Christoph Ratz (Kontakt)
Chiara Gitter
Dr. Christiane Reuter (Kontakt)
Claudia Schenk (Kontakt)
Johanna Schwab (Kontakt)
Dr. Steffen Siegemund-Johannsen (Kontakt)
Manuel Ullrich (Kontakt)
Lydia Wieser
Beschreibung
Ausgangslage
Im Zuge der Eindämmung der Covid-19-Pandemie bzw. des Sars-CoV-2- Erregers wurden in Bayern am 16. März 2020 Schulen für den Präsenzbetrieb geschlossen. Ohne Vorlaufzeit wurden Routinen der Präsenzlehre verunmöglicht und eine Umstellung auf Formen der Fernlehre empfohlen. Bereits kurze Zeit nach Inkraftreten der medial als "Schulschließung" bezeichneten Maßnahmen wurden Stimmen laut, welche auf eine bestehende "digitale Kluft" (Ackeren, Endberg & Locker-Grütjen, 2020, S. 245) verwiesen:
- Schulen seien zu wenig vorbereitet
- Lernende hätten nicht flächendeckend Zugang zum Internet und somit zu Angeboten der Fernlehre
- Lernende und Lehrende verfügten (noch) nicht über ausreichend digitale Kompetenzen
oder besondere Gefährdungen im Sinne der Bildungsteilhabe für "benachteiligte Kinder" (vgl. Danzer, Danzer, Felfe de Ormeno, Spieß, Wiederholt, Wößmann, 2020, S.2) befürchteten. Schülerinnen und Schüler des Förderschwerpunktes geistige Entwicklung scheinen in vielerlei Hinsicht zu den "besonders gefährdeten" Personengruppen zu gehören.
Forschungsdesiderat
Viele aktuelle Überlegungen zur Situation von Lehrenden und Lernenden in der Zeit der Fernlehre fallen - bei genauerer Betrachtung - in den Bereich der Vermutungen oder Hypothesen sowie Befürchtungen und Hoffnungen. Wenige Verlautbarungen können auf konkrete Bezüge verweisen. Die Unterrichtsituation am Förderzentrum mit Förderschwerpunkt geistiger Entwicklung bleibt von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet. Das vorliegende Forschungsprojekt soll konkretere Hinweise auf die Situation von Lehrkräften, Lernenden sowie deren Erziehungsberechtigten hervorbringen. Dabei werden die unterrichtenden Lehrkräfte als unmittelbar beteiligte Personen, mit ihren Wahrnehmungen, Einschätzungen und Expertisen als geeignete Ressource gesehen, welche beforscht werden kann.
Methode
Zur Erhebung der Daten wurde ein Onlinefragebogen erstellt. Dieser enthielt geschlossene Fragen (in Anlehnung an eine Erhebung des deutschen Schulportals) sowie offene Antwortmöglichkeiten. Die Lehrkräfte wurden dabei - anonym - zu folgenden Aspekten befragt:
- Herausforderungen der Situation der "geschlossenen Schulen"
- eigene Arbeitsbelastung
- Konkreter Unterricht sowie Kommunikation mit Lernenden und Erziehungsberechtigten
- digitale Ausstattung sowie digitales "Know-How"
- Erwartungen und Befürchtungen
- Einschätzung der häuslichen Situation der Lernenden
Die geschlossenen Fragestellungen sollen eine überblicksartige, deskriptive Beschreibung der Lage des Unterrichts im FgE zu Zeiten des Fernunterrichts ermöglichen. Dagegen werden die offenen Fragestellungen anhand eigens erstellter Codierleitfäden (mehrere Kodierende) ausgewertet und sollen tiefergehende Interpretationen und weitreichendere Ausblicke ermöglichen.
Folgeerhebung: Sicht der Erziehungsberechtigten
Ausgangslage
Beim Auswerten der Ergebnisse der Grunderhebung sowie der Sichtung von Forschungsergebnissen Dritter kristallisierte sich eine geringe, jedoch notwendig erscheinende Berücksichtigung der Sichtweise von Erziehungsberechtigten auf die schulische Situation in Zeiten pandemischer Beschränkungen heraus.
Forschungsdesiderat
Anliegen der "Elternerhebung" ist es, die subjektiv empfundenen Chancen oder Belastungen zu ergründen, welche Erziehungsberechtigte von Kindern und Jugendliche mit geistiger Behinderung im "zweiten Lockdown" erleben. Zudem soll die schulische Situation dieser Schülerinnen und Schüler von einer anderen Sichtweise heraus ergründet werden.
Methode
- leitfadengestützte Interviewstudie mit Kurzfragebogen
- qualitative Auswertung der Daten mittels f4-transkript und f4-Analyse
Folgeerhebung: Wiederholte Befragung der Lehrkräfte zur Situation im Frühjahr 2021
Ausgangslage
Untersuchte die Grunderhebung die unerwarte und neuartige Situation der Fernlehre zum Zeitpunkt des "ersten Lockdowns" im Frühjahr 2020, soll die Folgeerhebung die erlebte Situation im "zweiten "Lockdown light" (Winter 2020 und Frühjahr 2021) beleuchten. Bezüglich des durch die "Schulhausschließungen" besonders prominent gewordenen Themas "digitales Lehren und Lernen" wurde eine positive Grundhaltung bei Lehrkräften festgestellt, das Studiendesign erlaubte jedoch keine detailliertere Betrachtung, wie dieser "Onlineunterricht" praktisch umgesetzt wurde.
Forschungsdesiderat
Trafen die Beschränkungen im Frühjahr 2020 die Schulen sowie alle involvierten Personen relativ unvorbereitet, ließen sich Mutmaßungen äußern, dass im Sommer 2020 Vorkerhungen und Vorbereitungen getroffen wurden, die negativ empfundenen Konsequenzen eines weiteren "Lockdowns" abzufedern. Andererseits ließen sich neue Herausforderungen (Perspektive, Dauer des zweiten Lockdowns etc.) vermuten. Die vorliegende Erhebung untersucht mutmaßliche Kontinuitäten oder Veränderungen. Ferner soll detallierter beleuchtet werden, wie digitale Fernlehre im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung gestaltet wurde.
Methode
- Lehrkräftebefragung mittels Onlinefragebogen (SoSci)
- Ergänzung durch Fragen einer Folgeerhebung des Deutschen Schulportals
- Ergänzung durch detailliertere Fragen zum Trendthema "digitales Lehren und Lernen"
Zeitliche Planung
Grunderhebung
Fragebogenkonstruktion: | bis 07. Mai (Fragebogen soll noch in Zeiten der Covid-19-Beschränkungen ausgefüllt werden) |
Fragebogenerhebung: | 08.05. bis 13.05.2020 |
Auswertung der Daten: | ca. Mai-Juli 2020 |
Veröffentlichung der Ergebnisse: | ab September 2020 |
aktueller Status: | abgeschlossen und veröffentlicht |
Folgeerhebung: Erziehungsberechtigte
Interviewkonstruktion: | März 2021 (abgeschlossen) |
Erhebung der Daten: | Mai bis Juni 2021 |
Auswertung der Daten: | bis ca. Juli 2021 |
Veröffentlichung der Ergebnisse: | ab Herbst 2021 |
Folgeerhebung: Wiederholte Lehrkräftebefragung
Fragebogenkonstruktion: | Mai 2021 |
Erhebung der Daten: | bayer. Pfingstferien 2021 |
Auswertung der Daten: | bis ca. Juli 2021 |
Veröffentlichung der Ergebnisse: | ab Herbst 2021 |
Veröffentlichungen
- *Siegemund, S.; Reuter, C.; Schenk, C.; Schwab, J.; Ullrich, M., Wieser, L. & Ratz, C. (2021): Schulschließungen im sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung während der Pandemie: Situation und Chancen aus Sicht der Lehrkräfte in: Zeitschrift für Heilpädagogik, 72 (2021) 5, S. 220-235 Download
- Ratz, C., Reuter, C., Schwab, J., Siegemund-Johannsen, S., Schenk, C., Ullrich, M. & Wieser, L. (2020): Bildungsrealität in Zeiten geschlossener Schulgebäude. Befragungsergebnisse aus dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung in: Spuren, 2020 (4), S. 4-13. Download (Dank an den vds)
-
Interview mit Prof. Ratz von "Das Deutsche Schulportal"
* Veröffentlichung mit Peer-Review-Verfahren
Danksagung
An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei allen teilnehmenden Lehrkräften bedanken. Die Bereitwilligkeit zur Teilnahme - bei einem Rücklauf von 472 auswertbaren Fragebögen in kürzester Zeit - war beeindruckend. Vielen Dank!