Deutsch als Zweitsprache im Schwerpunkt Lernen (Tippach, 2024)
Der Blick auf die Zahlen der Einschulung in Bayern im Schuljahr 2021/2022 verdeutlicht die Relevanz der Themen Migration und Deutsch als Zweitsprache (DaZ) an Förderschulen. Die Zahlen zeigen, dass weniger Kinder mit und mehr Kinder ohne deutsche Staatsangehörigkeit an Förderschulen eingeschult wurden (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung 2022). Vor allem Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen scheinen für ausländische SchülerInnen eine höhere Relevanz zu haben (Schröder 2012).
Es kann vier bis sieben Jahre dauern, bis die Zweitsprache auf dem bildungssprachlichen Niveau der Gleichaltrigen ausgebildet ist (Sevinç 2011). Daher ist es notwendig, dass der Zweitspracherwerb über die gesamte Schullaufbahn kontinuierlich unterstützt wird, um den SchülerInnen mit DaZ bessere Bildungschancen zu ermöglichen (Fürstenau 2011). Natürlich können nicht automatisch Rückschlüsse von ausländischen SchülerInnen oder SchülerInnen mit einem Migrationshintergrund auf SchülerInnen mit DaZ gezogen werden. Allerdings gibt es bei diesen Personengruppen große Überschneidungen (Chlosta/Ostermann 2020, Triulzi et al. 2020).
Für den Umgang mit DaZ in der Schule wurden bereits Empfehlungen ausgesprochen (bspw. Jeuk 2008, Knapp/Oomen-Welke 2020, Kniffka/Siebert-Ott 2012, Triulzi et al. 2020, Grimm/Cristante 2022, Oomen-Welke/Kalkavan-Aydın 2016). Inwiefern diese Möglichkeiten und Maßnahmen tatsächlich in den schulischen Alltag an Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen integriert werden, ist bisher jedoch kaum erforscht. Daher wurde im Rahmen der Zulassungsarbeit untersucht, in welchem Maße DaZ in den Schulalltag an bayerischen Förderschulen, welche den Förderschwerpunkt Lernen einschließen, verankert ist.
In einer quantitativen Umfrage wurden die Schulleitungen um ihre anonyme Einschätzungen zu konkreten Aussagen zur Verankerung von DaZ innerhalb des gesamten Schulalltags gebeten. Insgesamt wurde die Einschätzung von 48% der Schulen mit dem Schwerpunkt Lernen in Bayern erfasst (94 von 195 Schulen). Zu Beginn der Umfrage stellte sich heraus, dass durchschnittlich 41,3% der SchülerInnen einen Migrationshintergrund haben und 31,6% DaZ erwerben. Arabisch und Türkisch sind die zwei meist gesprochenen Erstsprachen der SchülerInnen. Im Durchschnitt haben lediglich 3,64% der Lehrkräfte eine abgeschlossene Aus- oder Weiterbildung im Bereich DaZ, wobei die Kenntnisse des pädagogischen Personals hinsichtlich DaZ im Durchschnitt mittelmäßig ausgeprägt sind.
Die Umfrage zeigt insgesamt große Unterschiede zwischen den dargestellten verschiedenen Möglichkeiten und Maßnahmen des Einbezugs von DaZ in den Schulalltag. Bei genauer Betrachtung der Ergebnisse wird deutlich, dass mehr als die Hälfte der Aussagen einen Mittelwert im unteren Durchschnittsbereich erzielen und folglich die Mehrheit der aufgeführten Möglichkeiten und Maßnahmen in nur geringem Maße in den Schulalltag einbezogen werden. So kooperieren die Schulen in Hinblick auf DaZ besonders selten mit außerschulischen Projekten. Außerdem erweist sich für die SchülerInnen nur ein geringer Zugang zu mehrsprachiger Literatur. Hingegen ist in den Schulen neben der Kommunikation auf Deutsch die Kommunikation auf anderen Sprachen in mittlerem Maße erlaubt. Bedeutend häufig stehen den Lehrkräften jedoch Materialien zu DaZ zur Verfügung.
Aus den gewonnenen Ergebnissen geht hervor, dass DaZ in Zukunft noch flächendeckender an Bedeutung gewinnen und vermehrt in den schulischen Kontext verankert werden sollte. Dies ist ausschlaggebend dafür, dass auch dem ca. einen Drittel der SchülerInnen, welche DaZ erwerben, bestmögliche Bildungschancen gewährleistet werden. Das Interesse und Engagement für dieses Thema Seiten der gesamten Schule ist hierfür Voraussetzung.