Intern
  • Universitätsgebäude am Wittelsbacherplatz, Würzburg. (Foto: Robert Emmerich)
Lehrstuhl für Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen - Sonderpädagogik I

Virtuelle Gruppenberatung

Virtuelles Gruppeninterventionsprogramm zur Förderung der Resilienz bei coronabedingten psychosozialen Beeinträchtigungen von Studierenden (GRIP-F-RCB)

Ausgangslage

Ein Studium hält neben den damit verbundenen erfreulichen und entwicklungsförderlichen Sachverhalten und Situationen auch Herausforderungen bereit, die nicht selten die Studierenden mit den aktuellen Grenzen ihrer eigenen aktuellen Möglichkeiten konfrontieren und so auch gelegentlich zu einer Überforderung führen können. Es gilt, neben all den fachbezogenen Inhalten, die man sich prüfungsbezogen aneignen muss, auch das Studium in formaler Hinsicht funktional zu organisieren und dabei die Interessen, die maßgeblich für die Wahl des Studiengangs waren, nicht aus den Augen zu verlieren. Daneben müssen „alte“ Beziehung gepflegt, „neue“ Beziehung aufgebaut und manche „alten“ oder auch gerade neu aufgenommene Beziehungen (wieder) beendet werden. Insgesamt lässt sich das Studium als ein Übergangsraum beschreiben, der durch widerstreitende regressive und progressive Impulse gekennzeichnet ist. Dieser von Initiationen begleitete Übergang von der Spätadoleszenz in das Erwachsenenalter gelingt dann am besten, wenn er eingebunden ist in ein tragfähiges Beziehungsnetzwerk und wenn das Studium zur Lebensphase und die Universität zum Lebenswelt werden und letztendlich die progressive entwicklungsförderliche Dynamik gegenüber den regressiven Tendenzen überwiegt.

Die bisherigen und aktuellen coronabedingten Einschränkungen haben und erschweren weiterhin massiv den individuellen Bildungsprozess der Studierenden, der mit einem Studium verbunden ist und der auch von der Universität als einer Bildungseinrichtung intendiert wird. Nicht nur ist bislang völlig ungeklärt, welche Effekte digitale Lehr-/Lernarrangements hervorbringen und ob auf diesem Wege das Lernen der Studierenden überhaupt erreicht werden kann, auch birgt die Organisation des Studiums, die nun völlig digital zu Wege gebracht werden muss, enorme Schwierigkeiten, die bislang so nicht bekannt waren. Sowohl die Universität und ihr Personal als auch die Studierenden müssen sich fortwährend auf neue Situation einstellen und diese bestmöglich, ohne genau zu wissen, ob die Entscheidungen auch zielführend sind, bewältigen. Darüber hinaus verunmöglichen die Kontaktbeschränkungen die Realisierung des tragenden Beziehungsnetzwerkes, das eingebunden ist in die Universität als studentischer Lebensraum, der grundsätzlich für progressive Entwicklung stehen sollte und der sich als verantwortlich dafür zeigt, die Herausforderungen des Studiums zu bewältigen. Stattdessen finden sich die Studierenden überwiegend vereinzelt und zumeist isoliert in Wohnraum, gelegentlich sogar in ihren alten Kinderzimmern, wieder, der eher regressive Tendenzen befördert, so dass die spätadoleszente Entwicklung im Allgemeine gefährdet und die erfolgreiche Bewältigung des Studiums im Besonderen erschwert erscheinen.

Gruppenangebot zur Förderung der Resilienz - Inhalt

Um progressive Entwicklungstendenzen, Resilienz und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen zu stärken und regressive Tendenzen in einem funktionalen Ausmaß abzumildern, erscheint eine virtuelle Gruppenberatung als geeignet, diese Ziele zu befördern. Ein Gruppensetting bietet sich geradezu an, Entwicklungsförderung auf der einen Seite und die Reduktion von Hemmungen des Studierendenlebens auf der anderen Seite in den Blick zu nehmen. Die Gruppe kann dann, bei entsprechender Leitung, die die Regression begrenzt, als etwas „Drittes“ für Entwicklung und Progression stehen. Im Mittelpunkt der Gruppenberatung muss die Förderung der Mentalisierungsfähigkeit (Fonagy et al.), also des reflektierten Nachdenkens über sich, die Anderen und die Welt, stehen. Dabei müssen die Gruppe und die Gruppenleitung zu einem „Entwicklungsobjekt“ (Hurry) werden, das die Realisierung der spezifischen Gruppenwirkfaktoren im Sinne der Progression zu befördern weiß. Im Mittelpunkt stehen hier die therapeutischen Faktoren „Erweckung von Hoffnung“, „Universalität des Leidens“, „Mitteilung von Informationen“ und „Interpersonelles Lernen“ (Yalom). Der Fokus der Gruppe sollte prinzipiell auf das „Hier und Jetzt“ und nicht auf das „Dort und Damals“ gerichtet sein. Die Themen der Gruppe sollten sich aus der aktuell schwierigen Lebenssituation der Studierenden ergeben. Insofern kommt auch dem „Prinzip Antwort“ (Heigl/Heigl-Evers) eine handlungsleitende Funktion zu.

Ziel der Gruppenintervention ist die Minderung von hemmend-regressiven Tendenzen, die Förderung der Widerstandskraft gegenüber den Zumutungen der aktuellen Situation und die Wiederherstellung beziehungsweise Wiederaufnahme einer progressiven spätadoleszenten Entwicklungsdynamik.

 

Gruppenangebot zur Förderung der Resilienz – Form

Das Gruppeninterventionsprogramm sollte regelmäßig in Form einer „halb-offenen“ oder aber auch „offenen“ Gruppe angeboten werden. Wahrscheinlich trifft eine „offene“ Gruppe mehr die Realität der aktuellen Lebens- und Studiensituation, doch muss mit diesem Format mit der Verminderung der „Kohäsion“ als einem zentralen gruppalen Wirkfaktor gerechnet werden, der wahrscheinlich für die Bedürfnislage der Studierenden allerdings äußerst relevant ist. Wöchentliche virtuelle Gruppentreffen von 1,5stündiger Dauer scheinen angezeigt, um die Ziele der Gruppe zu verfolgen. Die Gruppengröße wäre sicherlich mit 15 Personen (medium group) der Zielsetzung angemessen, doch gilt es zu berücksichtigen, dass angesichts der aktuellen Bedingungen auch das Format der Großgruppe (large group) mit seinen spezifischen Dynamiken und den entsprechenden Modifikationen in der Leitung zum Tragen kommen kann.

Gruppenangebot zur Förderung der Resilienz – Umsetzung

Die Gruppe findet als regelmäßig stattfindende (Tag und Uhrzeit) Zoom-Sitzung in einem extra dafür eingerichteten Gruppenraum statt.

Interessentinnen und Interessenten an der Gruppe melden sich über E-Mail bei der Gruppenleitung an, so dass trotz der Virtualität und des Charakters einer „offenen“ Gruppe ein Teil Verbindlichkeit und Übersicht über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hergestellt werden kann
Moderator der Gruppe ist die Gruppenleitung, die auch auf den Rahmen der Gruppe, insbesondere mit Blick auf den Beginn und das Ende der Gruppe, achtet.
Über das Gruppenangebot wird auf der Website des Lehrstuhls für Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen und über die Dozentinnen und Dozenten des Lehrstuhls informiert.

Eine Evaluation des Gruppeninterventionsprogramms ist angedacht.

 

Download der Ankündigung nebst Terminen.

 

Projektleitung

Prof. Dr. Oliver Hechler