Musikunterricht an bayerischen Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen (Lechner, 2023)
von Eva-Maria Lechner
Die Veröffentlichung der Studie "Musikunterricht in der Grundschule" am 11. März 2020 löste eine große Diskussion aus, da sie zu einem ernüchternden Ergebnis kam: Musikunterricht würde bis zu 73 % fachfremd erteilt werden. Darüber hinaus fehle eine Vielzahl an Lehrkräften, die das Schulfach unterrichten können. Und schlimmer noch: Sehr häufig falle Musikunterricht aus (Lehmann-Wermser et al. 2020, 10f.).
Da für Förderschulen keine empirischen Daten zu diesem Thema vorliegen, drängt sich die Frage auf, ob auch an Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen das Unterrichtsfach Musik möglicherweise ein Schattendasein fristet.
Daher erfolgte im Rahmen der Zulassungsarbeit eine empirische Untersuchung an Schulen der drei fränkischen Regierungsbezirke. Ziel war es, herauszufinden, inwiefern Musikunterricht stattfindet.
Der Musik wird im Allgemeinen eine große Relevanz für uns Menschen zugeschrieben. Der weltbekannte Violinist Issac Stern fasste dieses Potential in wenigen Worten treffend zusammen: „Musik zivilisiert. Musik macht wachsam. Musik weckt die Fantasie“ (Stern zit. n. Lott 2004, 13).
Um es überspitzt auszudrücken, wir werden von Musik gewissermaßen kategorisiert – kulturell, milieuspezifisch, altersbezogen und nicht zuletzt auch emotional. Dementsprechend sollte der Musik und damit ebenso dem Unterrichtsfach ein fester Platz im Stundenplan der Förderschule zuteilwerden.
Zur Datenerhebung wurde ein Onlinefragebogen eingesetzt, der in zwei Teile aufgegliedert war. Ziel dieser empirischen Forschungsarbeit war es, einen Überblick über die aktuelle Situation des Musikunterrichts an Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen in Bayern zu geben. Vorhaben der Untersuchung waren unter anderem herauszufinden, wer die Lehrenden sind, die das Fach erteilen, welche Motivation ihrem pädagogischen Handeln zugrunde liegt, wie ihre musikpädagogische Ausbildung aussah und welche thematischen Schwerpunkte sie im Unterricht setzen.
Insgesamt haben 68 Lehrpersonen an der Umfrage vollständig teilgenommen. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten studierte Musik als Didaktikfach. 80 % der Lehrpersonen spielen ein Instrument. Die Antworten reichen von schulpraktischen und (Begleit-)Instrumenten wie Gitarre, Klavier bzw. Keyboard bis hin zu Soloinstrumenten wie beispielsweise Trompete, Violine oder Saxophon. Viele Lehrer:innen gaben an, dass sie Musik auch in ihrer Freizeit betreiben.
Die folgende Wortwolke veranschaulicht stichpunktartig die geclusterten Antworten. Diese zeigt ein sehr vielseitiges und mannigfaltiges Bild an Aktivitäten.
Abbildung 1: Wortwolke zu den genannten musikalischen Freizeitaktivitäten (selbst erstellt)
Im Multiple-Choice-Format wurden den Lehrpersonen Themengebiete angeboten, die im LehrplanPLUS der Grund-, Mittel- und Förderschule für das Schulfach Musik zu finden sind.
Die Verteilung der Antworten wird in Abbildung 2 aufgezeigt.
Abbildung 2: Behandelte Themengebiete im Musikunterricht (selbst erstellt)
Des Weiteren wurde den Lehrer:innen die Möglichkeit eingeräumt, Themengebiete zu ergänzen, die nicht als Antwortmöglichkeit zuvor aufgeführt wurden. Zur Übersicht wurde auch hier wieder eine Wortwolke erstellt.
Abbildung 3: Themengebiete, die in vorheriger Frage nicht als Antwortmöglichkeit aufgeführt wurden (selbst erstellt)
Insgesamt konnte die Hypothese, der Musikunterricht an Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen sei ein stiefmütterlich behandeltes Fach, nicht vollends gestützt werden. Die Evaluation der erhobenen Daten zeigte einerseits, dass ein Teil der Lehrkräfte, die Musik unterrichten, zwar das Didaktikfach Musik nicht studiert hatten. Andererseits wird durch die Antworten auf die offenen Fragen deutlich, dass gerade diese Personengruppe trotzdem musikalische Kompetenzen und Erfahrungen vorzuweisen hat. Es wird deutlich, welch tragende Rolle den einzelnen Lehrpersonen an den Bildungsstätten zukommt.
Am Ende liegt es in den Händen der Lehrenden, „Gestaltungsräume zu öffnen und (Kinder und Jugendliche) zu befähigen, in eigener Verantwortung ihr (musikalisches) Leben selbst in die Hand zu nehmen“ (Oberschmidt 2020, 18).
Das Unterrichtsfach Musik fördert und fordert die Heranwachsenden, Beziehungen zu ihren Mitmenschen aufzubauen, sie erfahren soziale Eingebundenheit beim gemeinsamen Musizieren und sie werden letztlich in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu mündigen und teilhabenden Individuen gestärkt.