Glut1
Sprechmotorische Störungen bei Glukosetransporter (Glut1) – Defekt
Forschungsvorhaben in Kooperation mit
der neuropädiatrischen Abteilung des Klinikums Aschaffenburg-Alzenau
der Entwicklungsgruppe Klinische Neuropsychologie (EKN) des Instituts für Phonetik
und Sprachverarbeitung (IPS) der Ludwig-Maximilians-Universität München
Der Glut1-Defekt ist eine genetisch bedingte, seltene Stoffwechselerkrankung, die erstmalig 1991 beschrieben wurde. Die phänotypische Ausprägung der Störung manifestiert sich in einer sehr breiten Varianz (Brockmann 2014). Es werden mehrere atypische Formen beschrieben, die sich im Spannungsfeld zwischen einer komplexen Bewegungsstörung, einer Epilepsie und einer globalen psychomotorischen Entwicklungsverzögerung bewegen (Klepper 2004). Die Art der pathologischen Bewegungsmuster variiert individuell erheblich. Der Auswirkungen des Glut1-DS auf die Entwicklung von Sprache und Sprechen wurden bisher nur sehr vereinzelt am Rande untersucht und sind demzufolge kaum verstanden und praktisch unerforscht.
Im Rahmen der motorischen Beeinträchtigungen entwickeln nahezu alle Glut1-PatientInnen bis zum Erwachsenenalter Einschränkungen der Verständlichkeit, die sich auf den ersten Blick den dysarthrischen Bewegungsstörungen zuordnen lassen.
Für die sprach- und sprechpathologische Grundlagenforschung ist das Projekt von außerordentlicher Bedeutung, da zwei weitestgehend unerforschte Pathologien – Glut1-Defekt und kindliche Dysarthrie – im Fokus stehen. Ziel im Hinblick auf die Dysarthrie im Kindesalter ist zum einen die substanzielle Erweiterung des theoretischen Kenntnisstandes (Ursachenannahmen, Erscheinungsbild, Klassifikation, Symptomatik u.a.) und zum anderen die Aussicht auf eine wegweisende Weiterentwicklung des bislang rudimentären diagnostischen Wissens sowohl im deutschsprachigen Raum als auch international. Die Erforschung, Definition und Systematisierung der zugrundeliegenden Pathologie der sprechmotorischen Störungen bei Glut1-Defekt wird perspektivisch erste Impulse für die Ableitung störungsspezifischer Therapiekonzeptionen ergeben.
Projektlaufzeit: zunächst 12 Monate ab September 2021, ggf. Verlängerung um 3 Jahre
Projektleitung: Dr. Anne Jurkutat, Prof. Dr. med. Jörg Klepper
Projektmitarbeiterinnen: Martina Barthold, Regina Götz, Dr. Theresa Schölderle, Elisabet Haas, Prof. Dr. Detlef M. Hansen
Projektförderung: Das Forschungsvorhaben wird durch die Gleichstellungskommission der Universität Würzburg und durch eine Anschubfinanzierung aus Overhead-Mitteln des erweiterten Fakultätsrates der Fakultät für Humanwissenschaften gefördert.
Veröffentlichungen:
Barthold, M., Jurkutat, A., Götz, R., Schubring, L., Spiegler, J., Fries, A., Kiesel, L. & Klepper, J. (2023) Timing of Ketogenic Dietary Therapy (KDT) introduction and its impact on cognitive profiles in children with Glut1-DS – a preliminary study. Children, 10, 681. doi: 10.3390/children10040681
Jurkutat, A., Götz, R., Barthold, M., Schölderle, T., Haas, E. & Klepper, J. (2022). Der Glukosetransporter (Glut1-) Defekt. Ein neues Syndrom als Herausforderung für die Sprach- und Sprechtherapie". Frühförderung interdisziplinär, 4, 199-211.
Haas, E., Ziegler, W., Schölderle, T. (2020) Dysarthriediagnostik mit Kindern - Das Testmaterial der BoDyS-KiD. Sprache - Stimme - Gehör, 44 (4), 189-193
Klepper, J. (2004). Der Glukosetransporter (GLUT1) - Defekt: Definition einer neuen Erkrankung. Neuropädiatrie in Klinik und Praxis, 3, 82-86
Klepper et al. (2020). Glut1 Deficiency Syndrome (Glut1DS): State of the art in 2020 and recommendations of the international Glut1DS study group. Epilepsia Open, 5, 54-365