Dropout in der Berufsausbildung
Eine kritische Bestandsaufnahme der Situation im Berufsbildungswerk Würzburg als Erbringer beruflicher Rehabilitationsleistungen
Die Berufsbildungsstatistik erfasst bereits seit den 1980er Jahren vorzeitige Vertragslösungen in der Berufsausbildung (vgl. BiBB 2018). Unter diesem Aspekt wird „wertfrei“ die vorzeitige Beendigung eines Ausbildungsvertragsverhältnisses subsumiert, wobei Ursachen sowie die für diesen Schritt impulsgebende Vertragsseite offenbleiben. Gemäß dem aktuell vorliegenden Datenpanel wurde etwa jedes vierte Ausbildungsverhältnis bundesweit vorzeitig gelöst; unklar bleibt dabei der weitere berufliche Bildungsverlauf dieser jungen Menschen. Besonders betroffen sind hiervon Jugendliche, die höchstens einen Hauptschulabschluss mitbringen und in Berufen des Handwerks und der Hauswirtschaft einen Berufsabschluss anstreben. Risikofaktoren sind neben der Staatsangehörigkeit des Jugendlichen auch vorangegangene negative Lernerfahrungen, das Geschlecht sowie ein sozioökonomisch belastetes Lebensumfeld (vgl. Frey et al. 2012). Der zeitliche Schwerpunkt der Vertragslösung manifestiert sich im ersten Ausbildungsjahr.
Das Berufsbildungswerk Würzburg (https://caritas-donbosco.de/) stellt – als Einrichtung der beruflichen Rehabilitation – zahlreiche Angebote zur Berufsvorbereitung sowie zur Berufsausbildung bereit. Als Zielgruppe wendet sich auch diese Einrichtung – gemäß dem bundesweiten Trend (vgl. BAG BBW 2014) – neben Jugendlichen mit Lernbeeinträchtigungen verstärkt der Personengruppe mit psychischen Erkrankungen zu. Hinsichtlich des Dropouts in der Berufsausbildung innerhalb der Berufsbildungswerke lagen noch keine systematischen umfassenderen Analysen vor. Unter einem Dropout wird hierbei die vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverhältnisses verstanden, welche von unterschiedlichen Seiten initiiert werden kann.
Ziel des Projektes war es, einen Beitrag zur Analyse dieses Phänomens im Berufsbildungswerk Würzburg zu leisten. Darüber hinaus können die exemplarischen Erkenntnisse auch in die bundesweite Diskussion zur beruflichen Ersteingliederung von Rehabilitanden eingebracht werden (vgl. BMAS 2018, 106).
Auf Basis einer Literaturrecherche wurde ein Theoriegerüst entwickelt, welches dazu dient, mögliche Gründe für einen Dropout speziell in der oben genannten Zielgruppe aufzudecken. Mit Hilfe der Analysekriterien wurde in der Folge eine quantitative sowie auch qualitative Analyse der bereits erfolgten Dropouts der letzten vier Ausbildungsjahre durchgeführt (Dokumentenanalyse). Basierend auf der Methode des problemzentrierten Interviews wurden telefonisch die im Ausbildungsjahr 2018/2019 bereits ausgeschiedenen Jugendlichen retrospektiv zu ihrem Ausbildungsverlauf sowie zum Dropout-Prozess befragt. Die durchgeführten Analysen dienten als Grundlage einer qualitativen Befragung von Jugendlichen und Ausbilder*innen im Ausbildungsjahr 2019/20 zum „Dropoutpotential“ des aktuellen Ausbildungsjahrgangs. Auf Basis der Ergebnisse wurden dem Berufsbildungswerk Würzburg Empfehlungen für die Vermeidung sowie ggf. für die konstruktive Gestaltung möglicher Dropoutprozesse gegeben. Damit wurde zugleich ein Beitrag zur Organisationsentwicklung als ganzheitlicher Prozess geleistet.
Laufzeit: 15.04.2019 – 15.04.2020
Förderinstitution: Caritas-Don Bosco gGmbH Würzburg
Das Forschungsteam:
Prof. Dr. Roland Stein
Hans-Walter Kranert, Akad. Oberrat
Miriam Warmuth, wissenschaftliche Mitarbeiterin
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes sind bei wbv Media, Bielefeld, unter folgendem Titel veröffentlicht:
Dropout in der Beruflichen Rehabilitation - Analyse und Identifikation von Risikofaktoren in der Berufsausbildung
Hans-Walter Kranert, Roland Stein, Miriam Warmuth (2022)
Kontakt:
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Fakultät für Humanwissenschaften
Institut für Sonderpädagogik
Lehrstuhl für Sonderpädagogik V
Wittelsbacherplatz 1
97074 Würzburg
Tel: 0931 / 31-86111
hans.kranert@uni-wuerzburg.de